Grußwort des Apostolischen Nuntius in Deutschland Erzbischof Dr. Erwin Josef Ender anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Clemens August Kardinal von Galen - Der Löwe von Münster“ am 16. März 2006 in der Landesvertretung NRW in Berlin

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Herr Minister, Exzellenzen, meine Damen und Herren!

1. Als Clemens August Kardinal von Galen heute vor 60 Jahren - an seinem 68. Geburtstag - von der Kardinalserhebung nach Münster zurückkehrte, ahnten die 50.000 Menschen, die ihn begrüßten, nicht, dass er sechs Tage später schon tot sein würde. Bei der Beerdigung am 28. März 1946 sagte Kardinal Frings: „Nun, meine lieben Münsteraner, was soll ich euch zum Trost sagen ... Solange es ein Bistum Münster gibt, wird man Kardinal Galen mit Stolz nennen als die Zierde des Münsterlandes. Solange es die Geschichte des deutschen Volkes gibt, wird man ihn als der Idealsten einen, als den Stolz Deutschlands nennen.“

Das waren in der Tat prophetische Worte. Sie galten einem Mann, der nicht nur „das andere Deutschland“ verkörperte und die NS-Diktatur furchtlos als Unrechtsregime entlarvte, sondern unmittelbar nach Kriegsende sich auch als erster deutscher Bischof gegen die These von einer Kollektivschuld des deutschern Volkes aussprach und von den Engländern Gerechtigkeit für die Deutschen forderte. Gemeinsam mit dem Jesuiten P. Gundlach beteiligte er sich an der Entwicklung eines Programms für den politischen und gesellschaftlichen Wiederaufbau des deutschen Vaterlandes.

Die Worte von Kardinal Frings haben ihre höchste Bestätigung gefunden in der Seligsprechung am 9. Oktober vergangenen Jahres in Rom.

2. Ich freue mich, dass in der Ausstellung, die heute hier eröffnet wird, auch den interessierten Bürgern Berlins, wo Kardinal von Galen als Kaplan, Kuratus und Pfarrer viele Jahre segensreich gewirkt hat, eine Gelegenheit gegeben wird, sich von dem Leben und Wirken dieses großen Kirchenmannes ein Bild zu machen. Dass die Landesvertretung des Landes Nordrhein-Westfalen nicht nur Räumlichkeiten für die Ausstellung zur Verfügung stellt, sondern auch als Veranstalter fungiert, werte ich als Ausdruck partnerschaftlicher Verbundenheit und auch gemeinsamer Sorge um die geistigen Fundamente unseres Staates. Als Apostolischer Nuntius, der in der Diözese Münster seine zweite Heimat hat, sage ich den Verantwortlichen dafür auch meinen aufrichtigen Dank.

3. Eine erste Würdigung hatte Clemens August von Galen durch die Ernennung zum Kardinal am 23. Dezember 1945 erfahren. Sie war nicht nur die Auszeichnung des Bischofs, der an der Vorbereitung der Enzyklika „Mit brennender Sorge“ vom 14. März 1937 mitgewirkt und besonders durch seine bekannten Predigten im Sommer 1941 mit ihrer Klarheit und Eindeutigkeit die Menschen in aller Welt bewegt hatte, sondern zugleich auch eine Auszeichnung für die Gläubigen des Bistums, die in der Zeit der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus hinter ihm gestanden haben. Darauf hat auch Bischof von Galen selbst Papst Pius XII. gegenüber hingewiesen.

So sehr das zutreffen mag, so war letztendlich doch er es gewesen, der die Welt hatte aufhorchen lassen. Als Bischof von Galen am 21. Februar 1946 die Stufen zum Papstthron emporstieg, um den Kardinalshut entgegenzunehmen, hat dieser neuernannte Kardinal die Menschen im Petersdom in seinen Bann geschlagen: nicht nur durch seine imposante Gestalt von fast zwei Metern, sondern vor allem durch das, was sie über sein todesmutiges Handeln wussten. Augenzeugen berichteten, dass der Beifall für den „Conte de Galen“ sich zu einem Orkan steigerte, dem sich auch Kardinäle, Bischöfe und Diplomaten nicht entziehen konnten. Die römischen Zeitungen schrieben von einem „triumphalen Applaus“. Kardinal Frings sagte später: „Er war der Held des Konsistoriums.“

4. Papst Johannes Paul II., von dem bekannt ist, dass er einer Seligsprechung des Kardinals sehr positiv gegenüberstand, hat im Rahmen seines zweiten Pastoralbesuchs in Deutschland am 1. Mai 1987, bei dem ich ihn begleiten durfte, in zwei Ansprachen in Münster ausführlich auf Kardinal von Galen Bezug genommen und die Aktualität seines Kampfes für die Menschenrechte gegen einen weltlichen Totalitätsanspruch auch in der Gegenwart hervorgehoben. Zugleich betonte er die Verwurzelung seiner Verkündigung in seinem Glauben. Schließlich zitierte er die letzten Worte des sterbenden Kardinals: „Wie Gott es will. Gott lohne es euch. Er schütze das liebe Vaterland. Für ihn weiterarbeiten.“ Und der Papst fügte hinzu: „Für Christus weiterarbeiten: Das ist sein Testament. Das ist sein Auftrag für alle, denen das Wohl dieses Landes und seiner Menschen, das irdische und das ewige Glück der Jungen und Alten, der Gesunden und Kranken am Herzen liegt.“

Wenn durch diese Ausstellung über Kardinal von Galen hier in Berlin Menschen in ihrem Einsatz in Kirche, Gesellschaft und Politik Ermutigung und Stärkung erfahren, dann hat sie ihr Ziel erreicht.

Ich danke Ihnen.