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Wozu sind die Ablässe da?
Seit Martin Luthers Protest gegen den früheren Ablasshandel hat das Wort "Ablass" einen pikanten Beigeschmack. Leider, denn im Grunde müssten gerade wir modernen Menschen froh sein, dass es nicht nur im Heiligen Jahr Ablässe gibt. Sie zeigen uns, dass die Kirche kein Verein von Einzelkämpfern ist, sondern eine Gemeinschaft, in der jeder an der Erlösung aller mitwirkt.

Wie viele Vergleiche so hinkt natürlich auch der folgende. Aber der Einfachheit halber versetzen wir uns mal in die Lage eines Jungen, der mit dem Fußball ein Fenster des Nachbarhauses zerschossen hat. Dass er sich dafür beim Nachbarn entschuldigt, ist eine Seite der Wiedergutmachung. Damit sind jedoch die Folgen der Tat nicht aus der Welt. Der Schaden muss ersetzt werden, wofür dann meist die Versicherung eintreten muss.

So ähnlich – wenngleich nicht auf materieller, sondern auf rein übernatürlicher Ebene – verhält es sich mit dem Ablass. Er soll helfen, die Folgen unserer Sünden für die Gemeinschaft mit Gott, der Kirche und den Menschen zu bereinigen. Der unerschöpfliche Gnadenschatz, der der Kirche durch die Erlösungstat Jesu Christi zugefallen ist, ist in diesem Falle unsere Versicherung, die die Schäden begleicht.
Um Verzeihung bitten wir Gott in der Beichte; dort versöhnen wir uns mit ihm. Doch die Folgen unserer Sünden sind danach oft noch da: Anhänglichkeiten oder Gewohnheiten, die unsere Gemeinschaft mit Gott und den Menschen stören und uns vielleicht nicht einmal bewusst sind. Diese "Leid schaffenden Sündenfolgen" (so übersetzt der Theologe Karl Rahner das alte Wort von den "zeitlichen Sündenstrafen", die durch Ablässe getilgt werden) bringen wir niemals aus eigener Kraft aus der Welt. Der Ablass ist daher kein Selbsterlösungsmechanismus, bei dem man ein paar Knöpfe drücken muss, um in den Himmel katapultiert zu werden. Erlöst sind wir allein durch Jesus Christus.

Aber da Gott uns als freie Menschen geschaffen hat, können wir an Jesu Werk mitarbeiten und aus dem Schatz, der er uns erworben hat, schöpfen: zum Beispiel durch Ablässe, also stellvertretende Wiedergutmachung für uns oder für Verstorbene. Voraussetzungen: Beichte (ohne die geht es nicht, denn durch Ablässe werden keine Sünden vergeben!), Empfang der Eucharistie, Gebet in den Anliegen des Heiligen Vaters und schließlich jedes gute Werk, das wir tun.

Manchmal braucht Gott nur wenig, um unermesslich viel zu bewirken. Aber mitmachen müssen wir: "Einer trage des anderen Last; so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen", sagt der Apostel Paulus (Gal 6,2). Der Ablass ist sicher ein guter Anfang dafür.