Kirche und Kunst
zwischen Tradition und Aufbruch
Das
Miteinander von Kirche und Kunst ist nicht mehr selbstverständlich.
Es scheint, dass sich beide Seiten schwer miteinander tun. Zu
einer Standortbestimmung trafen sich ein Kirchenvertreter, ein
Kunsthistoriker, eine Künstlerin und ein Künstler im
Pavillon des Heiligen Stuhls. Thema der Podiumsdiskussion: "Die
Predigt der Bilder".
|
Weihbischof Dr. Friedhelm Hofmann,
Mitglied der Päpstlichen Kommission für die Kulturgüter
der Kirche
|
Der
Kölner Weihbischof Dr. Friedhelm Hofmann, Mitglied der Päpstlichen
Kommission für die Kulturgüter der Kirche, betonte die
besondere Bedeutung der Kunst als Seismograph gesellschaftlicher
Entwicklungen. Über die künstlerische Arbeit können
solche Entwicklungen in den Kirchenraum hineingetragen werden.
Davon könne die Kirche nur lernen und profitieren. Wie bei
der Kunst stehe auch bei der Kirche der Mensch im Mittelpunkt.
Erfreulich sei, dass die Kirche in den letzten Jahren ganz bewußt
das direkte Gespräch mit Künstlern gesucht habe.
|
Der Kunsthistoriker Prof. Dr. Arnold Nesselrath
vor der Skulptur "White Cloth without Trace" von
Katsura Funakoshi
|
Keine abendländische
Kunst ohne die Kirche
Der
Kunsthistoriker Prof. Dr. Arnold Nesselrath legte in einem geschichtlichen
Rückblick dar, dass die abendländische Kunst ohne die
Kirche nicht denkbar ist. Nesselrath, Direktor der Abteilung für
byzantinische, mittelalterliche und moderne Kunst an den Vatikanischen
Museen und Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin,
betonte, die Kirche schöpfe einen großen Teil ihrer
Identität aus der Kunst. Nicht zuletzt deshalb werde das
sogenannte Mandylion, die älteste bekannte Christusdarstellung
der Welt, als eindrucksvolle Illustration und Symbol für
das Jahr 2000 im Vatikan-Pavillon auf der EXPO gezeigt. Professor
Nesselrath rief die Kirche dazu auf, bei dem notwendigen Dialog
mit den Künstlern nicht die Auseinandersetzung mit der eigenen
Tradition zu vergessen.
|
|
|
Die Glasmalerin Irene Hugot-Rothweiler
aus Bonn
|
Die
Glasmalerin Irene Hugot-Rothweiler aus Bonn berichtete von ihren praktischen
künstlerischen Erfahrungen im Kirchenraum: "Meine Kunst
ist ein von intensiven Gesprächen mit Priestern und Gemeindemitgliedern
begleiteter schöpferischer Prozeß. Sicher spielt auch meine
persönliche Einstellung zum Glauben eine entscheidende Rolle."
Das Wichtigste aber sei die Treue des Künstlers zu sich selbst,
denn manchmal müsse man auch Sachen ablehnen, die nicht zu einem
passen.
|
Paul Corazolla, Künstler und Kunstvermittler,
vor der Skulptur "White Cloth without Trace" von
Katsura Funakoshi
|
Ähnlich
argumentierte der Berliner Künstler und Kunstvermittler Paul
Corazolla: "Die Künstler müssen spüren, dass die
Kirche sie in ihrer Arbeit ernst nimmt. Eine Interpretation der Kunst
ist oft verletzend, denn Manches in der Kunst bedarf keiner erklärenden
Worte." Eine bemerkenswerte Gemeinsamkeit zwischen Kunst und
Kirche hob Paul Corazolla hervor: Sowohl Künstler wie auch Geistliche
stehen in ihrem Tun "an der Schwelle des Geheimnisses."
Dieses Mystische, und Heilige, das sich der Verkündigung in Worten
entziehe, könne die Kunst sichtbar machen.
|
Moderator Dr. Thomas Sternberg
neben der Skulptur "Cato und Porcia", Hochrelief
des Grabsteins von Marcus Gratidius Libanus und Gratidia Chrite
aus der späten augustinischen Zeit
|
Geheimnis des Glaubens im Antlitz Christi
Diesen
Gedanken griff der Moderator Dr. Thomas Sternberg, Leiter der Katholischen
Sozialen Akademie Franz Hitze Haus Münster, in seinem Schlußwort
auf. "Gerade hier im Pavillon schafft die Kunst, das Geheimnis
des Glaubens in den Gesichtern der dargestellten Menschen und im Antlitz
Christi im Mandylion sichtbar zu machen."
|